Kreislaufwirtschaft als Schlüssel zur Zukunft
Chancen, Hürden, Lösungen
Mehr als 400 Gäste kamen zur Festversammlung in die Johanniskirche in Magdeburg. Das Thema des Abends: Kreislaufwirtschaft. Die Circular Economy – da waren sich die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion einig – bietet ein enormes wirtschaftliches Potential. Aber nur wenn es gelingt, in den kommenden zwei bis drei Jahren wissenschaftlich und technologisch international aufzuholen, und politisch die richtigen Weichen gestellt werden.

Auf den Punkt gebracht
- Wirtschaftliches Potenzial: Die Kreislaufwirtschaft bietet großes wirtschaftliches Potenzial, wenn in den nächsten zwei bis drei Jahren wissenschaftlich und technologisch aufgeholt wird.
- Mehr Innovation: Max-Planck-Präsident Patrick Cramer betont die Bedeutung von freier und kreativer Forschung für nachhaltige Lösungen und schlägt vor, die Ausgründungen bis zum Ende der Legislaturperiode zu verdoppeln.
- Lösungen finden: Wissenschaftler diskutieren über die Herausforderungen und Hürden bei der Skalierung von Kohlenstoffkreisläufen in der Kunststoffproduktion und der Einbindung aller Akteure.
- Unterstützung für Startups: Startups könnten innovative Lösungen zur Kreislaufwirtschaft beitragen, benötigen jedoch oft einen einfacheren Zugang zu Kapital.
Den Auftakt zur der Festversammlung am Mittwochabend, 25. Juni 2025, machte der niedersächsische Wissenschaftsminister Heiko Mohrs als neuer Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK). In seiner Rede lobte er die neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in der GWK und sprach auch über Bürokratieabbau als einem strategischen Ziel der deutschen Forschungspolitik nach dem Regierungswechsel in Berlin. Er erinnerte daran, dass trotz aller Dramatik in den USA, die Wissenschaftsfreiheit in Ländern wie China oder Russland weit stärker unter Druck stehe. Und dass es die Verantwortung der Politik und der Wissenschaft sei, die Wissenschaftsfreiheit in Europa zu schützen und deren Akzeptanz in der Gesellschaft zu verankern.

Das Stichwort Wissenschaftsfreiheit griff auch Max-Planck-Präsident Patrick Cramer auf: „Bei den Angriffen auf die Wissenschaft geht es nicht nur um Wissenschaft. Es geht um mehr. Wenn Professorinnen eingeschüchtert, internationale Studierende ausgegrenzt und Bildung sowie kritisches Denken systematisch zurückgedrängt werden, dann geht es im Kern um etwas anderes – nämlich um die Aushöhlung der Demokratie.“ Vor diesem Hintergrund warb er für Unterstützung des Transatlantik-Programms, nicht nur beim neuen Forschungsministerium, vertreten durch Staatssekretär Rolf Jungk, sondern auch in den eigenen Reihen: „Lassen Sie uns das Transatlantische Programm gemeinsam zu einem Erfolg machen! Tragen es in Ihre Institute. Identifizieren Sie neue Kooperationsmöglichkeiten. Rücken Sie zusammen – und schaffen Sie Raum für junge Talente. Und bitte: rekrutieren Sie neue Kolleginnen und Kollegen jetzt – auch im Rahmen vorgezogener Nachfolgeberufungen.“
Innovation schafft Wohlstand, das sei unbestritten, so Cramer. Aber er plädierte dafür, Innovation nicht zur blinden Prämisse zu machen, sondern frei zu forschen – mit Kreativität und mit Integrität –, nur dann entstehe wirklich Neues. Nur dann schaffe Wissenschaft Lösungen, die zukunftsweisend seien. Gemäß dem Leitspruch von Max Planck: Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen. Max Planck Innovation mit Erlösen von rund 570 Millionen Euro gehöre – neben Fraunhofer – zu den führenden Tech-Transfer-Einrichtungen in Deutschland. Und die MPG könne noch mehr, so Cramer und schlug vor, die Zahl der Ausgründungen pro Jahr bis zum Ende der Legislaturperiode auf 20 zu verdoppeln.
„Wenn wir die Lebensgrundlagen kommender Generationen sichern wollen, führt an der Kreislaufwirtschaft kein Weg vorbei“ so der Präsident und leitete damit zum Thema der Podiumsdiskussion über.
Podiumsdiskussion Kreislaufwirtschaft als Schlüssel zur Zukunft

In Kreisläufen zu denken und zu wirtschaften, das ist dringlicher denn je, es ist eine Notwendigkeit geworden. So stieg Susanne Schäfer, Redakteurin beim Wirtschaftsmagazin brand eins in die Diskussion ein. Dass es spannende Ansätze aus der Wissenschaft gebe, stellte Kai Sundmacher, Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme vor. Er forscht an Kohlenstoffkreisläufen, die in der Kunststoffproduktion den fossilen Ausgangsstoff Erdöl ersetzen sollen. Auch wenn das im Labor funktioniert, werden mehrere Probleme und Hürden deutlich: Wie lassen sich Prozesse skalieren? Wie können alle Aspekte mitgedacht, alle potentiellen Akteure eingebunden werden. Wie sehen Geschäftsmodelle aus, die kreislauffähig und profitabel sind? Susanne Kadner, Co-Founder der CIRCULAR REPUBLIC und Direktorin an der UnternehmerTUM sieht Potential bei Startups, die oft neue Lösungen einbringen könnten, aber ebenso oft durch Bürokratie in ihrer Kreativität gebremst werden. Auch Ralf P. Thomas, Finanzvorstand der Siemens AG, die in vielen Bereichen ein Enabler für Kreislaufwirtschaft ist, sieht hier einen Ansatzpunkt: Startups sollten einfachen Zugang zu Kapital haben, Großunternehmen sieht er in der Skalierungsverantwortung, die Forschung als Ideengeber und den Mittelstand als Angelpunkt, Lösungen umzusetzen. Welche Stellschrauben die Politik drehen sollte, ob Subventionen oder Tech Challenges, wie es Dietmar Harhoff, Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in die Diskussion einbrachte, darüber gab es unterschiedliche Meinungen.
Einig war man sich zum einen darüber, dass die Motivation in den Unternehmen, sich mit Kreislaufwirtschaft auseinanderzusetzen durch die Krisen der letzten Jahren gestiegen ist.. Dabei geht es um mehr Unabhängigkeit von steigenden Rohstoffpreisen oder -engpässen aufgrund von geopolitischen Abhängigkeiten. Und zum anderen machte das Panel klar: Geschwindigkeit ist eine wichtige Dimension, um das enorme Potential zu erschließen. Dann könnte die Kreislaufwirtschaft ein Game Changer sein für die deutsche und die europäische Wirtschaft.