Systembiologie — starker Forschungsstandort in Magdeburg

7. Juni 2007

Die noch junge Disziplin Systembiologie ist einer der Forschungsschwerpunkte am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg. Für einen Zeitraum von drei Jahren erhalten die Wissenschaftler nun zusätzliche Förderung im Rahmen der Initiative SysMO und arbeiten in den Projekten eng mit Forschergruppen aus Europa zusammen.

Das Programm SysMO steht für Systems Biology of Microorganisms, die Systembiologie von Mikroorganismen.
Auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanzieren Forschungs- und Fördereinrichtungen aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und Spanien insgesamt elf herausragende grenzübergreifende Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Systembiologie.

Die Forschungspläne der Magdeburger Wissenschaftler wurden von einem Gutachterkreis des BMBF positiv bewertet. So erhalten die Wissenschaftler der Fachgruppe Systembiologie am Max-Planck-Institut Magdeburg für ihren Forschungsauftrag rund 775.000 Euro. Die Magdeburger Forscher sind an drei der elf Projekte beteiligt.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen Bakterien wie Escherichia coli (E. coli) und Pseudomonas putida (P. putida). An diesen Modellorganismen werden Fragen zur Steuerung und Regelung von Stoffwechsel und Zellfunktionen erforscht. Dabei werden Daten in Experimenten gewonnen und mit Ergebnissen aus Rechnersimulationen verglichen.
So sollen z.B. Reaktionen des E. coli Bakteriums auf verschiedene Sauerstoffkonzentrationen analysiert werden. Zudem wird untersucht, wie die Zellen in E. coli ihren Ionenhaushalt regulieren. P. putida ist wiederum ein Bakterienstamm, der insbesondere in der Biotechnologie für die Produktion von Wirkstoffen und den Abbau von Schadstoffen eingesetzt wird. Ziel der Forschungsarbeiten ist hier, die Produktivität und Ausbeute zu erhöhen.

Der Förderzeitraum von SysMO beläuft sich auf 3 Jahre (bis Anfang 2010) und hat ein Gesamtvolumen von 28 Millionen Euro. Das BMBF und der britische Forschungsrat für Biologie und Biotechnologie (BBSRC) sind mit jeweils elf Millionen Euro Fördersumme die größten Projektpartner.
Zudem haben sich auch Wissenschaftler aus der Tschechischen Republik, aus der Schweiz und aus Frankreich dem Programm angeschlossen. Mitte Mai wurde SysMO mit allen beteiligten Wissenschaftlern offiziell in Edinburgh gestartet.

Über die Systembiologie

In der Systembiologie wird versucht, komplexe Lebensprozesse in Zellen in mathematischen Modellen abzubilden und zu simulieren. Statt im Labor können die Forscher dann am Rechner beobachten, wie die Mikroorganismen auf Veränderungen in der Umwelt reagieren.
Die Systembiologie ist eine junge Disziplin, an die Wissenschaft und Industrie gleichermaßen große Hoffnungen knüpfen. Computersimulationen sollen langwierige und kostenaufwändige Experimente teilweise ersetzen. Dieser Ansatz wird von Unternehmen aus der Biotechnologie-Branche bereits genutzt, um Produktionsprozesse zu verbessern.
Auch Pharmaunternehmen hoffen darauf, z.B. toxikologische Untersuchungen durch Computersimulationen zu ergänzen und dadurch Medikamente schneller entwickeln zu können. Landwirtschaft, Ernährung und Chemie sind weitere Anwendungsbereiche.
Noch steht der Forschungszweig am Anfang. Schon um Computermodelle einfacher Lebewesen - wie Bakterien - zu erstellen, bedarf es großer Datenmengen, die in Experimenten gewonnen und in mathematische Funktionen übersetzt werden müssen.
In der Systembiologie arbeiten Biologen, Mediziner, Mathematiker, Informatiker und Ingenieure interdisziplinär zusammen.
Die Forscher hoffen, dass die Systembiologie in Zukunft Computermodelle von Organen oder sogar ganzen Organismen möglich macht und somit die Basis für die Lösung medizinischer oder biotechnologischer Fragestellungen entscheidend verbessert wird.

Weitere Aktivitäten zur Systembiologie in Magdeburg

Das Forschungszentrum Dynamische Systeme in Biologie/Medizin und Prozesstechnik wird getragen vom Max-Planck-Institut Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Hier fördert das Land Sachsen-Anhalt sowohl theoretische als auch experimentelle Methoden im Bereich der Systembiologie.
In dieses Forschungszentrum sind auch Projekte der vom BMBF geförderten FORSYS-Initiative (Forschungseinheiten der Systembiologie) eingebunden. In Kooperation mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sollen vorhandene Forschungscluster in Biologie und Medizin sowie die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Systembiologie weiter gestärkt werden.
Die Aktivitäten und Ergebnisse im Rahmen des SysMO-Programms sind eng vernetzt mit all diesen Forschungsaufgaben.
Darüber hinaus wirkt die Fachgruppe Systembiologie des Max-Planck-Institutes Magdeburg eng am Verbund HepatoSys mit, der ebenfalls vom BMBF gefördert wird. Wie Signale in Leberzellen übertragen werden und welche Funktionen sie auslösen, steht hier im Mittelpunkt.
Im Rahmen der Modellierungsplattform werden dazu Werkzeuge entwickelt, die es gestatten, diese zellulären Prozesse zu simulieren.

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