Zwei Millionen Euro von der EU für neue Methoden der computergestützten Optimierung von mikrobiellen Produktionsorganismen
Dr. Steffen Klamt, 44, Leiter der Forschungsgruppe Analyse und Redesign biologischer Netzwerke am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg, wird in den kommenden fünf Jahren mit zwei Millionen Euro durch den Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) gefördert. Im Wettbewerb um einen der begehrten Consolidator Grants wurden dem Wissenschaftler Fördergelder bewilligt für Forschungsarbeiten zur computergestützten Optimierung des Stoffwechsels von Mikroorganismen für die biotechnologische Synthese von Chemikalien.
Mikroorganismen können ein breites Spektrum an Chemikalien und Biokraftstoffen synthetisieren und werden in einer stärker biobasierten Industrie weiter an Bedeutung gewinnen. Oftmals produzieren die Zellen die gewünschten Substanzen aber nicht von allein oder nicht effizient genug und müssen daher durch geeignete Interventionen im Stoffwechsel zu Hochleistungsproduzenten umfunktioniert werden.
In dem stark interdisziplinär ausgerichteten ERC-Projekt will die Gruppe um Steffen Klamt ein universelles Prinzip zur Optimierung von mikrobiellen Produktionsorganismen etablieren. Neuartig am hier verfolgten Ansatz ist eine gezielte Störung des Energiestoffwechsels. Hierdurch werden die Zellen gezwungen, noch mehr des gewünschten Produktes zu synthetisieren. Dafür werden zunächst mittels Computermodellen erfolgversprechende Modifikationen im Stoffwechsel der Organismen ermittelt und anschließend im Labor umgesetzt und überprüft. Langfristig können die Ergebnisse des Projektes zu einer erhöhten Effizienz von verschiedenen biotechnologischen Produktionsprozessen beitragen. „Die Gutachter haben ebenso wie wir ein hohes Potenzial in unserem vorgeschlagenen Ansatz erkannt. Mit der großzügigen ERC-Förderung können wir nun über einen Zeitraum von fünf Jahren auf breiter Ebene an den Grundlagen und der Anwendbarkeit des neuen Prinzips forschen und seine Effizienz optimieren.“, sagt Steffen Klamt.
An der Schnittstelle von Biologie, Mathematik und Ingenieurwissenschaften forscht die Gruppe von Steffen Klamt auf den Gebieten der Systembiologie, synthetischen Biologie und Systembiotechnologie. Die Forscher kombinieren theoretische und experimentelle Methoden, um biologische Prozesse in Zellen und Organismen ganzheitlich (systemisch) zu verstehen und um sie schließlich, beispielsweise für biotechnologische Anwendungen, gezielt beeinflussen zu können. Die Gruppe entwickelt dabei unter anderem neue mathematische Ansätze, Algorithmen und entsprechende Software, die auch von anderen Forschern genutzt werden.
Die Consolidator Grants werden jährlich vom ERC vergeben und richten sich an Antragsteller, deren Promotion mindestens sieben höchstens jedoch zwölf Jahre zurückliegt. Mit diesem Förderinstrument unterstützt der ERC innovative und exzellente Grundlagenforschung. Sowohl das Profil der Forscher als auch das vorgeschlagene Projekt müssen höchsten Ansprüchen genügen. Steffen Klamt ist einer von europaweit 314 Wissenschaftlern, die über ein zweistufiges Verfahren aus 2.274 Bewerbern ausgewählt wurden.
Über Steffen Klamt
Steffen Klamt, geboren 1972 in Magdeburg, studierte von 1992 bis 1998 Angewandte Systemwissenschaften an der Universität Osnabrück. Im Jahr 1998 begann er seine Forschungsarbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Systembiologie am Max-Planck-Institut Magdeburg unter der Leitung des Gründungsdirektors Prof. Dr.-Ing. Ernst Dieter Gilles. Im Jahr 2005 promovierte er an der Universität Stuttgart zur computergestützten Analyse von Stoffwechselnetzen. Seit Januar 2009 ist Steffen Klamt Leiter der Forschungsgruppe „Analyse und Redesign Biologischer Netzwerke“ am Max-Planck-Institut in Magdeburg.
Mehr zu den ERC Consolidator Grants
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) ist eine von der Europäischen Kommission eingerichtete Institution zur Finanzierung von grundlagenorientierter Forschung in der EU. Er wird von 2014 bis 2020 über das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation "Horizont 2020" finanziert. Die Consolidator Grants werden jährlich vom ERC vergeben und sollen die Unabhängigkeit von Wissenschaftlern fördern, die in der Mitte ihrer wissenschaftlichen Karriere stehen. Die Antragsteller müssen ihre Promotion mindestens sieben höchstens jedoch zwölf Jahre hinter sich haben und die Fähigkeit zur selbständigen und innovativen Forschung nachgewiesen haben. Mit den Consolidator Grants unterstützt der ERC exzellente Forschung: sowohl das Profil der Forscher als auch das vorgeschlagene Projekt müssen höchsten Ansprüchen genügen.